EFSA: Neubewertung des Gesundheitsrisikos durch BPA-Exposition

Bisphenol A (BPA) ist eine hormonell aktive Substanz, die in vielen Produkten des täglichen Umgangs vorkommt, wie z.B. im Thermopapier von Kassenbons, in Plastikbehältern und in der Innenbeschichtung von Konservendosen, wodurch diese Thematik auch für fleischverarbeitende Betriebe relevant ist.

Hormonell aktive Substanzen, auch endokrine Disruptoren (endocrine disrupting chemicals, EDCs) genannt, stehen seit langem in Verdacht, auch in niedriger Dosierung die menschliche Gesundheit zu schädigen, und zwar insbesondere Leber, Nieren, Fortpflanzungsorgane und Brustdrüse, was z.B. zu Unfruchtbarkeit des Mannes und Brustkrebs führen kann. Lt. Wikipedia gilt BPA gemäß EU- und GHS-Gefahrstoffkennzeichnung als ätzend und gesundheitsgefährdend. Nachdem die Veröffentlichung der Neubewertung des Gesundheitsrisikos bereits für 2014 angekündigt war (wir berichteten), liegt sie nunmehr seit gestern vor, wenngleich letzte Studienergebnisse zu den Auswirkungen auf Fortpflanzungsorgane und Brustdrüse nach wie vor fehlen.

Auszug aus der Pressemitteilung der EFSA:

In ihrer umfassenden Neubewertung der Exposition gegenüber Bisphenol A (BPA) und dessen Toxizität kommt die EFSA zu dem Schluss, dass BPA bei der derzeitigen Verbraucherexposition für keine Altersgruppe ein Gesundheitsrisiko darstellt (einschließlich ungeborener Kinder, Kleinkinder und Jugendlicher). Die Exposition über die Ernährung bzw. eine Kombination verschiedener Quellen (Ernährung, Staub, Kosmetika und Thermopapier) liegt deutlich unterhalb der sicheren Obergrenze (der sogenannten „tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge“, kurz: TDI).

 

Obwohl neue Daten und differenziertere Methoden die Sachverständigen der EFSA dazu veranlasst haben, den sicheren Grenzwert für BPA deutlich herabzusetzen – von 50 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag (µg/kg KG/Tag) auf 4 µg/kg KG/Tag liegen die höchsten Schätzungen für die von Lebensmitteln und einer Kombination von Quellen ausgehende Exposition (im EFSA-Gutachten „aggregierte Exposition“ genannt) um das 3- bis 5-fache unter dem neuen TDI-Wert.

 

Unsicherheiten bezüglich möglicher gesundheitlicher Auswirkungen von BPA auf Brustdrüse und Fortpflanzungsorgane, das Stoffwechsel- und Immunsystem sowie hinsichtlich neurologischer Verhaltensstörungen wurden quantifiziert und bei der Berechnung des TDI-Werts berücksichtigt. Darüber hinaus ist der TDI als vorläufig anzusehen, solange die Ergebnisse einer Langzeitstudie bei Ratten noch ausstehen, die dazu beitragen sollen, besagte Unsicherheiten zu verringern.

Die Neubewertung wird in der Presse kommentiert. So schreibt z.B. das Handelsblatt, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) habe mit Blick auf das bereits seit einiger Zeit bestehende Verbot von BPA in Babyflaschen geäußert, dieses sei ein Schritt in die richtige Richtung, er reiche aber nicht aus.
Der Chemikalien-Experte Andreas Gies vom Umweltbundesamt wird vom Handelsblatt mit folgenden Worten zitiert: „Ich rate, es [BPA] zu vermeiden und etwa auf Konserven zu verzichten. Kassenbons sollten nicht in Kinderhände gelangen und nicht in Taschen zerknüllt werden.“
Laut Die Welt fordert die bayerische Landtags-SPD ein Verbot von BPA in Lebensmittelverpackungen und Kinderspielzeug und will mit einem Dringlichkeitsantrag die bayerische Staatsregierung „dazu bewegen, sich auf Bundesebene für ein Verbot einzusetzen“.

Im Sinne eines vorbeugenden Verbraucherschutzes würden wir es begrüßen, wenn u.a. bei Innenbeschichtungen von Konservendosen und anderen Gegenständen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, auf BPA ganz verzichtet würde. Dass dieses geht, zeigt der aufmerksame Gang durch die Supermarktregale: Hersteller von Lebensmittel-Aufbewahrungsdosen aus Kunststoff werben inzwischen mit Aufdruck oder Prägung „BPA free“ bzw. „BPA frei“.

 

Quellen / Weiterlesen

Kein Gesundheitsrisiko für Verbraucher durch Bisphenol A-Exposition, Pressemitteilung der EFSA vom 21.01.2015 mit mehreren weiterführenden Links, u.a. zur vollständigen Studie und zu Erläuterungen für Laien (PM auf Deutsch, weiterführendes Material z.T. auf Englisch)
No consumer health risk from bisphenol A exposure, EFSA press release dd. 21 January 2015 (englische version obiger PM)

Grenzwert für umstrittene Chemikalie verschärft, Handelsblatt vom 21.01.2015

SPD fordert Verbot von umstrittener Chemikalie, Die Welt vom 25.01.2015

Ist Kunststoff etwa doch gefährlich? FAZ vom 08.02.2015

Wikipedia-Eintrag zu Bisphenol A (deutsches Wikipedia, Abruf am 23.01.2015; hier der Link zum englischen Wikipedia)

Hormongift Bisphenol A: EU-Lebensmittelamt EFSA senkt Grenzwert, ein hörenswerter Audio-Beitrag des SWR vom 21.01.2015 in der ARD Mediathek (1:50 Minuten, nur auf Deutsch)