IAMO: Folgen der Wirtschaftssanktionen gegen Russland

In einer Meldung vom 13.08.2014 beschäftigt sich das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO), eine vom Bund und dem Land Sachsen-Anhalt getragene unabhängige außeruniversitäre Forschungseinrichtung, mit den Auswirkungen der westlichen Sanktionen und russischen Gegensanktionen auf den Agrarhandel. Während das „vollständige Ausmaß der Maßnahmen und deren Effekte für den Agrarhandel, die Konsumenten und Produzenten … bisher noch nicht klar absehbar“ seien, zog das Institut jedoch bereits erste Schlussfolgerungen: „Die Agrarmärkte reagieren auf solch einschneidende politische Ereignisse wie der Agrarimportstopp der Russischen Föderation. Mittelfristig werden Anpassungsreaktionen des Handels negative Auswirkungen auf die europäische Agrarwirtschaft sowie für die russischen Verbraucher dämpfen“.

Russland importiere über 50% seiner Lebensmittel (in 2013 über 40 Mrd. USD) und sei mit 13% (knapp 16 Mrd. USD) der zweitwichtigste Absatzmarkt der EU-Agrarwirtschaft. In den letzten Jahren seien bis zu 20% der EU-Schweinefleischexporte sowie bis zu 40% der EU-Rindfleischexporte nach Russland gegangen (ca. 1 Mrd. bzw. 200 Mio USD pro Jahr). [Anm.: Der Bericht geht auch auf andere Produkte wie Obst, Gemüse und Milchprodukte ein.] Das IAMO erwartet aufgrund der Sanktionen folgende Auswirkungen:

Kurzfristig seien spürbare Effekte sowohl für die Agrarwirtschaft wie auch die Verbraucher zu erwarten. „Auf der Suche … nach neuen Absatzmärkten wird das Angebot auf internationalen Märkten kurzfristig steigen. Die Märkte werden verunsichert und Preise werden unter Druck geraten. Der europäische Handel wird Verluste an Exporterlösen hinnehmen müssen.“ Ob Preissenkungen an die Landwirte und Verbraucher weitergegeben würden, sei fraglich. In diesem Falle müssten europäische Landwirte jedoch mit Einkommenseinbußen rechnen, wogegen Verbraucher profitieren könnten.

Mittelfristig würden globale Handelsstrukturen jedoch zeigen, dass solche Krisen bewältigt werden können: „Europäische Handelshäuser werden in der Lage sein, andere Absatzmärkte, etwa in Asien, zu bedienen. Und Russland wird seine Importnachfrage anderweitig, wie etwa in Brasilien, Argentinien und Türkei, realisieren.“ Das Welthandelsvolumen werde sich nicht stark verändern, in Folge höherer Kosten müsse der europäische Verbraucher jedoch mit (nicht drastisch) anziehenden Preisen rechnen. Für die EU-Agrarwirtschaft seien „mittelfristig keine einschneidenden Auswirkungen zu erwarten“.

Langfristig hängen die Folgen der beiderseitigen Sanktionen lt. IAMO entscheidend von deren Dauer sowie den Bedingungen, zu denen die Sanktionen wieder aufgehoben werden, ab. Maßgeblich sei insbesondere die Lösung des Ukraine-Konfliktes. Ein dauerhafter Konflikt werde sich auf den Agrarsektor in Europa und in Russland negativ auswirken. Russland sei „ein wichtiger Absatzmarkt für die europäische und deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft. Er birgt erhebliche längerfristige Potenziale zu beider Nutzen.“

IAMO-Direktor Prof. Dr. Thomas Glauben: „Vor einem lang anhaltenden Handelskonflikt zwischen der EU und der Russischen Föderation kann nur gewarnt werden. Die Sanktionen und Gegensanktionen gefährden letztendlich auch den Austausch von Wissen und Wissenschaft – eine Voraussetzung für Innovation, Wachstum und Wohlstand.“

Quelle

Westliche Sanktionen, russische Gegensanktionen und der Agrarhandel, Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO), Beitrag vom 13.08.2014 (auf der Website des IAMO leider nicht mehr online)